EIN MEISTER SEINES FACHES


Als nächstes gilt es sein Können als Fischzuchtfachmann unter Beweis zu stellen. Nach einem kurzen Fußmarsch (rund 25 Minuten) gelangt man zum Fischerhaus, wo einer aus jeder Mannschaft umgehend die Stelle anzutreten hat. Zunächst hat man den Fischen beim Laichen zu helfen, danach gehts ans Beckenfegen.
Derweil hat der Rest der Mannschaft eine kurze Verschnaufpause und die Gelegenheit zu einem kleinen Imbiss, bevor es zur letzten Aufgabe geht.

Ein ausführlichen Bericht befindet sich unten auf dieser Seite.








Aus den geheimen Notizen des Fischwarts der Lachsbrutanstalt ("Der Chef bin ich")

Betr.: Vorstellungsgespräche diverser Fischzuchtfachmänner am Samstag, den 17. Mai 2003

Am späten Nachmittag ließen sich hier sechs Witzbolde blicken, die sich noch nicht einmal alleine hertrauten. Alle befanden sich in Begleitung von mindestens zwei "Beratern", einige führten sogar anscheinend die ganze Verwandschaft mit sich. Merkwürdig, merkwürdig. Und alle Bewerber fielen auf durch immer dieselben Schrullen, wie seltsame Fragen nach einem Eisvogel, und den unwiderstehlichen Drang, Nester für die Laich zu bauen. Und eingebildet waren die alle, meine Güte, sowas von eingebildet! Wenn es bloß danach ginge... Aber der Reihe nach:

1. Horst Schwede
Hatte zwar für einen angeblichen Fischzuchtfachmann ungewöhnliche Schwierigkeiten, in nullkommanichts in seine Wathosen zu springen, machte aber zunächst den positiven Eindruck, als würde ihm das nasse Element bestens bekannt sein (Hanseat?). Irgendwann aber wurde mein Eindruck immer stärker, dass man ihn hauptsächlich in der Raucherecke, auf der Toilette oder im Pausenraum antreffen würde. Ja, vor allem beim Rauchen, mit Sprüchen wie "Wer die Arbeit kennt, und sich nicht drückt, der ist verrückt." Kommt nicht in Frage.

2. Holger Kanwischer
Hielt leider nicht, was sein Name zu versprechen schien (solche Kalauer muss der Mann abkönnen). Eher zimperlicher Umgang mit Besen und Schaufel. Hatte wohl Angst, dass seine Brille einen Spritzer Wasser abbekommt. Büßte alle Chancen auf eine Anstellung ein, als er die brütenden Fische in einem Nest über dem reißenden Beckenabfluss in Lebensgefahr brachte.

3. Uwe Wilken
Unglaublich, der Mann: Versuchte doch glatt erstmal, das Becken vom Rand aus zu schrubben, und ließ sich nur schwer überzeugen, dass das Gummizeug 100% wasserdicht ist. Die kaputte Trägerschlaufe bekam er auch nicht wieder hin und behalf sich mit einer seltsamen Einträgertechnik - immerhin erfindungsreich. Irgendwie kam mir der Typ bekannt vor, und zwar unangenehm (Aus dem Fernsehen?). Zu wasserscheu und oberflächlich, nicht zu gebrauchen.

4. Torsten Gerber
Wohl der eingebildeteste von allen, und zwar mit Abstand. Nach einigen immerhin schwungvollen Fegeversuchen, die die Fische gründlich erschreckten, konnte er sich gar nicht mehr einkriegen bei seinem aufdringlichen Inszenesetzen vor seinen Begleitern. Pausenlos wiederholte er den Satz "Der Mensch ist der Herr aller Geschöpfe, und was sein Wille erstrebt, das erreicht er!" Ein Showtalent vielleicht, aber diese Arbeitsstelle kriegt er nicht, mag er wollen, was er will.

5. Joachim Janz
Praktisch veranlagt, bekam nämlich tatsächlich den Hosenträger wieder heile. Der erste überhaupt, der es schaffte, den dichten Bewuchs vom Beckenboden loszuschrubben. Aber irgendwas stimmte mit dem nicht. Ist offenbar erst kürzlich aus einer langen Haft entlassen worden, wie seine Kleidung vermuten ließ. War jedenfalls bestimmt früher mal irgendwo in einer Führungsposition tätig. Vielleicht ein ehemaliger Bandenchef? Irgendwie unheimlich, wird vorsichtshalber nicht eingestellt.

6. Gangolf Seitz
Behandelte jedes Fischlein äußerst pfleglich, sprach ihnen sogar individuell Mut beim Eierlegen zu. Auch der schwarze Peter, nämlich das Seepferdchen, das sich schon wieder bei meinen Fischen vergnügte, wurde behutsam aussortiert. Hätte vielleicht besser Tierarzt werden sollen. Kandidat Nummer Eins, bis auch ihm der seltsame Lapsus beim Eierholen unterlief. Wir haben hier keine Zeit für solche Späße.

Dass einer versuchte, sich die Schuhe verkehrtrum anzuziehen, und dass eine dieser komischen Gruppen sich erstmal über meinen geräucherten Fisch und die Getränke hermachte, ohne groß zu fragen, will ich kaum noch erwähnen.

Ich habe alle Anwärter vertröstet, sie würden schriftlich von mir hören. Da können sie lange warten.

P.S.: Dank an meinen freiberuflichen Fotografen Kersten Beer, der die Unfähigkeit der Bewerber eindrucksvoll porträtierte. Mann, mann, mann.


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